Künstliche Intelligenz ist längst keine ferne Zukunftsvision mehr. Sie schreibt Texte, erstellt Bilder, analysiert Daten und beeinflusst Entscheidungen in Unternehmen. Damit diese Technologien verantwortungsvoll eingesetzt werden, braucht es Regeln – und genau hier setzt der EU AI Act an.
In den letzten Monaten wurde vor allem ein Aspekt heiß diskutiert: die sogenannte „Pflicht zur KI-Kompetenz“ (AI Literacy). Viele Anbieter nutzen das Thema, um teure Schulungen zu verkaufen – oft mit dem Hinweis, dass diese verpflichtend seien. Doch was steht tatsächlich im Gesetz, und was bedeutet das für Unternehmen und ihre Mitarbeitenden?
Im Kern fordert der AI Act, dass alle, die mit KI-Systemen arbeiten – ob Anbieter oder Nutzer – über ein ausreichendes Maß an Verständnis verfügen.
Das umfasst drei Dimensionen:
Fähigkeiten: zu wissen, wie man KI-Systeme sinnvoll einsetzt.
Wissen: zu verstehen, welche Chancen, Risiken und potenziellen Schäden mit KI verbunden sind.
Bewusstsein: ein Gefühl für die Auswirkungen, die der Einsatz von KI auf Menschen und Gesellschaft hat.
Es geht also nicht nur um technisches Know-how, sondern auch um ethisches und rechtliches Verständnis.
Die Pflicht zur Förderung von KI-Kompetenz gilt für:
Anbieter, die KI-Systeme entwickeln.
Deployer, also Unternehmen, die KI-Systeme einsetzen.
Alle Personen, die in deren Auftrag arbeiten, also auch externe Dienstleister oder Freelancer.
Das Ziel: Jeder, der direkt mit KI-Systemen zu tun hat, soll sie sicher, verantwortungsvoll und im Einklang mit den Regeln einsetzen können.
Der AI Act schreibt keine starren Lehrpläne vor – und schon gar keinen einheitlichen „KI-Führerschein“. Stattdessen fordert er einen flexiblen, risikobasierten Ansatz.
Die wichtigsten Mindestanforderungen sind:
Allgemeines Verständnis schaffen
Was ist KI? Welche Systeme nutzen wir im Unternehmen? Welche Chancen und Gefahren gibt es?
Eigene Rolle reflektieren
Entwickeln wir KI-Systeme selbst oder setzen wir bestehende Systeme ein? Je nach Rolle unterscheiden sich die Anforderungen.
Risiken bewerten
Mitarbeitende müssen einschätzen können, welche Risiken mit den eingesetzten KI-Systemen verbunden sind – und wie man diese minimieren kann.
Maßnahmen anpassen
Schulungen müssen auf den Wissensstand, die Branche und den Anwendungszweck zugeschnitten sein.
Rechtliche und ethische Aspekte berücksichtigen
KI-Kompetenz bedeutet auch, die Grundprinzipien des AI Acts und die ethischen Leitplanken zu kennen.
Ein häufiges Missverständnis: Der AI Act verpflichtet niemanden, einen allgemeinen KI-Führerschein zu machen.
Stattdessen gilt: Je höher das Risiko des eingesetzten Systems, desto umfangreicher die Maßnahmen.
Bei Hochrisiko-KI (z. B. Bewerbermanagement, medizinische Anwendungen) sind detaillierte Schulungen Pflicht.
Bei geringeren Risiken reichen oft Einweisungen, Trainings oder klare Informationsangebote.
Das Motto lautet: so viel wie nötig, so flexibel wie möglich.
Die Pflicht zur Förderung von KI-Kompetenz gilt laut Artikel 4 bereits seit Anfang 2025.
Die eigentliche Überwachung und Durchsetzung startet aber im August 2026.
Dann können nationale Marktaufsichtsbehörden überprüfen, ob Unternehmen ihre Pflichten erfüllen – und bei Verstößen Sanktionen verhängen.
Wichtig: Die Maßnahmen müssen verhältnismäßig sein. Das heißt, die Strafen hängen von der Schwere des Verstoßes ab.
Für Unternehmen heißt das: Jetzt handeln.
Schulungsprogramme aufsetzen oder erweitern.
Mitarbeitende sensibilisieren – nicht nur technisch, sondern auch rechtlich und ethisch.
Den Einsatz von KI-Systemen regelmäßig prüfen und Risiken bewerten.
Dokumentieren, wie man KI-Kompetenz fördert – um im Ernstfall nachweisen zu können, dass man seinen Pflichten nachkommt.
Der AI Act will keine unnötige Bürokratie schaffen. Ziel ist es, Vertrauen in KI zu stärken – bei Mitarbeitenden, Kunden und der Gesellschaft.
Denn: Nur wenn Menschen verstehen, wie KI funktioniert und welche Risiken sie birgt, können sie sie verantwortungsvoll einsetzen.
Und nur dann kann KI ihr volles Potenzial entfalten, ohne Schaden anzurichten.
Der EU AI Act macht klar: KI-Kompetenz ist Pflicht. Aber nicht im Sinne eines starren Führerscheins, sondern als flexible, risikobasierte Weiterbildung.
Für dich als Unternehmen oder KI-Nutzer heißt das:
Informiere dich,
bilde dein Team weiter,
und nimm die Verantwortung ernst.
Denn am Ende geht es nicht darum, neue Hürden aufzubauen, sondern die Chancen von KI sicher und nachhaltig zu nutzen.
👉 Was denkst du: Reicht ein Grundverständnis für KI aus, oder braucht es verpflichtende Schulungen für alle, die damit arbeiten?