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WENN KI EINEN KÖRPER BEKOMMT- DIE NEUE ÄRA DER HUMANOIDEN ROBOTER

KI und die Gesellschaft Robotik Oct 13, 2025 8:40:24 AM Jörg Janßen 5 min read

Robotik- die embodied AI der Zukunft

Lange Zeit war Künstliche Intelligenz (KI) vor allem ein unsichtbares Phänomen – eine Software in der Cloud, ein Algorithmus, der Text generiert oder Daten analysiert. Doch das ändert sich gerade. Mit der Präsentation des humanoiden Roboters Figure 03 rückt eine Entwicklung ins Zentrum der Aufmerksamkeit, die das nächste große Kapitel der KI-Geschichte markieren könnte: die Verschmelzung von Intelligenz und Körper.

Der Aufstieg der „embodied AI“

In den vergangenen Jahren hat sich KI rasant weiterentwickelt – doch sie blieb körperlos. Modelle wie GPT oder Claude existieren nur digital. „Embodied AI“, also verkörperte künstliche Intelligenz, geht einen Schritt weiter: Sie bringt die Rechenleistung in physische Form. Roboter werden so zu handelnden Akteuren in der Welt – sie sehen, hören, bewegen sich und interagieren mit Menschen.

Dass dies kein ferner Zukunftstraum mehr ist, zeigt Figure, eines der führenden Robotik-Start-ups der USA. Das Unternehmen hat sich das Ziel gesetzt, 100.000 humanoide Roboter innerhalb der nächsten vier Jahre zu produzieren – ein ehrgeiziger Plan, der sowohl Fabriken als auch Haushalte verändern könnte.

Der Figure 03 – ein Meilenstein der humanoiden Robotik

Der neue Figure 03 ist die dritte Generation des humanoiden Roboters des Unternehmens. Während die Vorgängerversionen bereits in Pilotprojekten – etwa im BMW-Werk in South Carolina – zum Einsatz kamen, markiert Version 03 den Schritt in Richtung Massenproduktion.

Die Neuerungen sind mehr als kosmetisch:

  • Induktives Laden ersetzt den manuellen Batteriewechsel – der Roboter kann autonom Energie tanken.

  • Sicherheitszonen und weiche Stoffüberzüge an den Gelenken reduzieren das Verletzungsrisiko bei Mensch-Roboter-Interaktionen.

  • Eine neue Generation an Sensoren und Tastsystemen erlaubt feinfühliges Greifen – eine der größten Herausforderungen der Robotik.

Herzstück des Systems ist Helix, das proprietäre Vision-Language-Action-Modell von Figure. Es verbindet Bilderkennung, Sprachverarbeitung und Bewegungssteuerung zu einer intelligenten Handlungseinheit. Helix erlaubt es dem Roboter, nicht nur Objekte zu erkennen, sondern auch Entscheidungen zu treffen – etwa, wie stark er eine Tasse greifen darf, um sie sicher, aber nicht zu fest zu halten.

Warum der Durchbruch jetzt gelingt

Roboter mit menschenähnlichen Fähigkeiten sind kein neues Thema. Doch erst die Verbindung mit moderner KI macht sie flexibel und lernfähig. Systeme wie Helix oder die von Google und Nvidia entwickelten „Large Action Models“ lernen durch Millionen von simulierten Bewegungsabläufen, was zuvor Jahre realer Tests erfordert hätte.

Damit entsteht ein Feedback-Kreislauf aus Simulation und Realität: KI-Modelle lernen Bewegungen in virtuellen Welten und testen sie anschließend in physischen Robotern. Fortschritte in der Rechenleistung und in der Sensortechnologie beschleunigen diesen Prozess enorm.

SoftBank, Tesla, Boston Dynamics – der globale Wettlauf um die „körperliche KI“

Die Präsentation von Figure 03 kam in einer Woche, in der sich auch an anderer Stelle viel tat:

  • SoftBank kündigte den Kauf der Industrieroboter-Sparte von ABB für 5,4 Milliarden US-Dollar an – ein klares Signal, dass der japanische Konzern auf die „physische KI“ als nächste Wachstumswelle setzt.

  • Tesla arbeitet weiter an seinem humanoiden Roboter Optimus, der jedoch mit Konstruktionsproblemen an den Händen zu kämpfen hat.

  • Boston Dynamics stellte ein neues Handdesign für seinen Atlas-Roboter vor, das mit nur zwei Fingern und einem Daumen menschliche Geschicklichkeit übertreffen soll.

Doch der Wettbewerb ist nicht nur ein amerikanisches Phänomen. China hat sich längst als führende Roboter-Nation etabliert. 2023 wurden dort 276.000 Industrieroboter installiert – mehr als siebenmal so viele wie in den USA. Start-ups wie Unitree produzieren humanoide Roboter bereits in Serie; der G1-Humanoid ist in China sogar im Handel erhältlich – für rund 21.000 US-Dollar.

Warum Roboter die Zukunft der KI sind

Viele Menschen erleben KI derzeit als Software: Chatbots, Textgeneratoren, Bildmodelle. Doch die Zukunft der Technologie wird greifbarer, buchstäblicher. Der nächste Evolutionsschritt besteht darin, dass KI nicht nur denkt, sondern handelt.

Diese „Verkörperlichung“ von Intelligenz ist entscheidend, um KI in alltägliche Lebensbereiche zu integrieren – von Pflege und Logistik über Haushaltshilfen bis zu Gefahreneinsätzen. KI wird damit nicht nur zur kognitiven, sondern auch zur physischen Infrastruktur der Wirtschaft.

Wie Masayoshi Son, CEO von SoftBank, es formulierte:

„SoftBanks nächste Grenze ist die physische KI. Wir vereinen Superintelligenz mit Robotik – das wird die Menschheit voranbringen.“

Die Schattenseite: Arbeitsplätze und Ethik

Doch der Fortschritt wirft auch Fragen auf. Wie verändert sich Arbeit, wenn humanoide Roboter menschliche Aufgaben übernehmen können? Werden sie zu Helfern oder Konkurrenten? Und welche Sicherheits- und Ethikstandards braucht eine Welt, in der KI buchstäblich greift, trägt, baut und zerstören kann?

Noch sind viele dieser Systeme stark eingeschränkt – teuer, empfindlich und auf wenige Aufgaben spezialisiert. Doch der Weg ist klar: KI bekommt einen Körper. Und das bedeutet, dass unsere Vorstellung davon, was Maschinen können, bald völlig neu definiert wird.


Fazit: Der Anfang einer neuen Ära

Mit dem Figure 03 beginnt ein neues Kapitel der KI-Entwicklung. Die Kombination aus kognitiver Intelligenz und physischer Präsenz markiert den Übergang von Software zu handelnden Systemen.
Ob in Fabriken, Haushalten oder auf der Straße – die Zukunft der KI ist nicht mehr nur digital. Sie ist verkörpert.

Jörg Janßen

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