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Nicht Chips oder Modelle sind das Problem der KI – sondern Steckdosen.

KI und die Gesellschaft Oct 25, 2025 9:32:18 AM Jörg Janßen 4 min read

Künstliche Intelligenz und Energie

Warum Strom zum größten Problem der KI in Deutschland werden könnte

Künstliche Intelligenz braucht vor allem eines: Strom. Viel Strom.
Und genau das könnte in Deutschland zum echten Flaschenhals werden.

Während überall über neue Modelle, Chips und Cloud-Dienste gesprochen wird, wächst der Energiehunger im Hintergrund schneller, als die Infrastruktur mithalten kann.


1. Rechenzentren sind die stillen Stromriesen

Rechenzentren in Deutschland verbrauchen aktuell rund 20 Terawattstunden (TWh) Strom pro Jahr – das sind etwa 4 % des gesamten Stromverbrauchs.
Bis 2030 könnten es 25 bis 37 TWh sein.

Zum Vergleich: Das ist mehr, als alle Privathaushalte in Berlin und Hamburg zusammen benötigen.

Haupttreiber:

  • KI-Anwendungen mit enormem Rechenaufwand

  • Cloud-Dienste und Video-Streaming

  • 24/7-Digitalisierung in allen Branchen

Trotz effizienterer Hardware steigt der Energiebedarf – schlicht, weil das Datenvolumen explodiert.


2. Das deutsche Stromnetz kommt an seine Grenzen

Über 70 % der Stromnetze in Deutschland sind älter als 25 Jahre.
Viele Leitungen stammen noch aus den 1960er- und 70er-Jahren – zu einer Zeit, in der niemand an KI-Cluster mit tausenden GPUs dachte.

Laut Bundesnetzagentur und Agora Energiewende müssen bis 2045 rund 650 Milliarden Euro in die Stromnetze investiert werden.
Allein der jährliche Investitionsbedarf liegt bei über 30 Milliarden Euro – doppelt so viel wie aktuell.

Wenn das nicht gelingt, drohen Engpässe – und höhere Strompreise.


3. Strompreise steigen – auch für dich und mich

Zwischen 2020 und 2025 sind die Stromkosten in Deutschland im Schnitt um 40 % gestiegen.
Ein Teil davon kommt vom Netzausbau und höheren Erzeugungskosten.

Aber: Wenn Großverbraucher wie Rechenzentren zusätzliche Netzkapazitäten benötigen, zahlen auch private Haushalte mit – über die Netzentgelte.

Aktuell liegen die Industriestrompreise bei rund 23 Cent/kWh, also rund 25 % über dem EU-Durchschnitt.
Das gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit – und heizt politische Diskussionen an.


4. Lokale Konflikte nehmen zu

Berlin, Brandenburg, Hessen oder NRW – überall entstehen neue Rechenzentren.
Doch immer häufiger stoßen die Betreiber auf Widerstand.

Beispiel Berlin:
Hier wurden Anschlussanfragen für 2,8 Gigawatt Strom gestellt – mehr, als ein kompletter Großstadtbezirk verbraucht.
Ab 2025 werden die Anschlüsse deshalb nach einem neuen Verfahren zugeteilt: Wer den Bedarf besser belegen kann, bekommt Vorrang.

Auch Umweltverbände fordern inzwischen strengere Auflagen – etwa zur Abwärmenutzung oder zur lokalen Stromproduktion.


5. Hyperscaler bauen – aber stoßen an Grenzen

Amazon, Google und Microsoft investieren Milliarden in Deutschland.

  • AWS baut bis 2040 eine „Sovereign Cloud“ für 7,8 Mrd. € in Brandenburg.

  • Microsoft hat seine Azure-Kapazitäten in Frankfurt verdoppelt.

  • Google betreibt große Standorte in Frankfurt, Berlin und Hanau.

Doch: Selbst mit diesen Investitionen reicht die Rechenkapazität nicht aus, um das geplante Wachstum zu decken.
Laut Branchenverband eco droht Deutschland bis 2030 ein Engpass von mehreren Gigawatt IT-Leistung.

Das heißt: Wenn nicht schneller gebaut – und das Netz modernisiert – wird,
wandern KI-Projekte ins Ausland ab.


6. Was jetzt passieren muss

Wenn KI in Deutschland eine Zukunft haben soll, brauchen wir:

  1. Schnelleren Netzausbau.
    Weniger Bürokratie, schnellere Genehmigungen, klare Zuständigkeiten.

  2. Transparente Kostenverteilung.
    Rechenzentren müssen für ihren Netzbedarf zahlen – nicht die Verbraucher.

  3. Grüne Energiequellen direkt vor Ort.
    Solar- oder Windparks, gekoppelt mit Batteriespeichern.

  4. Politischen Willen.
    Ohne klare Priorität für Energieinfrastruktur bleibt KI in Deutschland ein Luxusprojekt.


Fazit

KI ist kein Software-Thema.
Es ist ein Energie-Thema.

Ohne Strom läuft keine KI, keine Cloud, kein Fortschritt.
Wenn wir das ernst nehmen, kann Deutschland vom Rückstand in der Digitalisierung zum Vorreiter in nachhaltiger Infrastruktur werden.

Aber nur, wenn wir jetzt handeln – bevor der Stecker rausfliegt.

Jörg Janßen

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