AGENTEN-READINESS BEGINNT BEI DER KULTUR – WIE UNTERNEHMEN SICH AUF KI VORBEREITEN KÖNNEN
KI und die Gesellschaft KI im Arbeitsalltag Oct 19, 2025 8:13:21 AM Jörg Janßen 7 min read

Künstliche Intelligenz ist längst keine Zukunftsmusik mehr. In vielen Unternehmen entstehen gerade die ersten „Agenten“ – digitale Assistenten, die Aufgaben übernehmen, Daten auswerten und Entscheidungen vorbereiten.
Doch wer glaubt, es gehe nur um Technik, irrt. Die größte Herausforderung liegt nicht im Code, sondern in der Kultur.
In Interviews mit hunderten Unternehmen zeigt sich: Es fehlt weniger an Software als an Klarheit, Vertrauen und Orientierung.
Damit KI wirklich Mehrwert schafft, müssen Unternehmen zuerst kulturell „agentenbereit“ werden.
Das gelingt mit einem einfachen Rahmen: dem CHANGE-Modell – Kommunikation, Kontrolle, Haltung, Netzwerk, Steuerung und Befähigung.
1. Klare Kommunikation – Orientierung statt Unsicherheit
Wenn KI eingeführt wird, ist Unklarheit Gift.
Mitarbeitende fragen sich: Wird meine Arbeit ersetzt? Wofür darf ich KI überhaupt nutzen? Wer trägt Verantwortung, wenn etwas schiefläuft?
Die Lösung: ein KI-Leitbild – kurz, verständlich und verbindlich.
Beispiel für den Aufbau:
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Wofür wir KI einsetzen: zur Entlastung, nicht zur Entlassung.
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Was erlaubt ist: Freigegebene Tools, Datenquellen, Sicherheitsregeln.
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Was wir erwarten: Lernen, Experimentieren, Verantwortung.
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Was offen bleibt: Wo wir noch ausprobieren – und was wir gemeinsam klären.
👉 Ein solches Leitbild schafft Vertrauen und erspart hunderte Einzelgespräche.
2. Menschliche Aufsicht – Technik braucht klare Grenzen
KI-Systeme können Aufgaben übernehmen, aber nicht die Verantwortung.
Darum braucht es klare Regeln, wo Menschen das letzte Wort haben.
Beispielhafte Abstufung:
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Einfache Aufgaben: KI darf selbstständig handeln (z. B. Textentwürfe, Datensortierung).
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Sensible Themen: Mensch prüft, bevor gesendet oder veröffentlicht wird.
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Kritische Bereiche: Kein KI-Einsatz ohne ausdrückliche Genehmigung (z. B. rechtliche oder medizinische Texte).
Und wenn KI Zeit freimacht? Dann sollte das nicht zu mehr Druck führen, sondern zu besserer Arbeit – Zeit für Qualität, Weiterbildung oder Kundenkontakt.
3. Haltung – Offenheit fördern, Ängste ernst nehmen
Neue Technologien lösen Begeisterung und Widerstand zugleich aus.
Manche sind sofort dabei, andere skeptisch oder überfordert. Beides ist normal.
Was hilft:
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Erfolge teilen: kleine Beispiele, wo KI spürbar entlastet.
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Fehler erlauben: Lernen gehört zur Einführung dazu.
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Gespräche führen: „Was macht dir Sorgen?“ ist oft wirksamer als jede Präsentation.
Führungskräfte prägen hier den Ton. Wer selbst offen mit KI arbeitet, schafft Vertrauen – wer sie verbietet oder überfordert, blockiert Fortschritt.
4. Netzwerk – Champions und Praktiker als Multiplikatoren
Erfolgreiche Unternehmen bauen ein Netzwerk von KI-Botschaftern auf.
Diese Mitarbeitenden übersetzen Strategie in Alltag, helfen Kolleg:innen und treiben gute Ideen voran.
AI-Champions (etwa 10–20 % der Belegschaft):
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Aufgabe: Anwendungsfälle finden, Kolleg:innen unterstützen, Wissen teilen.
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Ausstattung: 2–3 Schulungstage, feste Lernzeit pro Woche, kleine Budgets für Tests.
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Wirkung: Sie machen KI erlebbar – und bauen Vertrauen dort auf, wo Skepsis herrscht.
AI-Builder (1–2 Personen, je nach Unternehmensgröße):
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Aufgabe: Technisch komplexe KI-Lösungen entwickeln, Daten einbinden, Workflows aufbauen.
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Voraussetzung: Technisches Verständnis, aber auch Nähe zum Geschäftsalltag.
Gemeinsam bilden sie das Rückgrat jeder KI-Transformation.
5. Steuerung – Sicherheit ohne Bürokratie
KI braucht Leitplanken, keine Schranken.
Eine gute Steuerung bedeutet, Tempo zu ermöglichen und Risiken im Blick zu behalten.
Was sich bewährt:
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Freiraum: Sichere Testumgebungen für neue Ideen.
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Transparenz: Kurze Freigabewege und klare Ansprechpartner.
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Verantwortung: Ein zentrales KI-Gremium, das Fortschritte prüft und Regeln anpasst.
Wichtig: Zu viel Kontrolle lähmt, zu wenig gefährdet. Die Kunst liegt in der Balance.
6. Befähigung – Vom Nutzer zum Gestalter werden
Die meisten Menschen brauchen keine langen Schulungen, sondern Raum zum Ausprobieren.
Wer KI verstehen will, muss sie nutzen dürfen – und regelmäßig reflektieren.
Ein guter Lernplan:
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Grundlagenkurs: „Was KI kann – und was nicht“.
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Praxisübungen: „Wie verbessere ich meine Arbeit mit KI?“
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Austausch: Offene Sprechstunden, kurze Team-Sessions.
Und: Reservieren Sie bewusst Zeit dafür.
Eine Stunde pro Woche, in der Mitarbeitende testen, lernen und teilen dürfen, bewirkt oft mehr als jedes große Trainingsprogramm.
7. Kleine Schritte, große Wirkung – Der 90-Tage-Plan
Tag 1–30:
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KI-Leitbild veröffentlichen
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Drei erste Anwendungsfälle auswählen
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AI-Champions benennen
Tag 31–60:
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Erste Tests starten
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Schulungen und Feedbackrunden durchführen
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Erste Erfolge sichtbar machen
Tag 61–90:
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Ergebnisse auswerten
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Regeln und Leitlinien anpassen
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Nächste Schritte planen
Fazit: KI verändert Arbeit – und Kultur
Technologie ist der einfache Teil.
Die eigentliche Aufgabe ist, Menschen mitzunehmen, Ängste abzubauen und Mut zum Experiment zu schaffen.
Wer frühzeitig in Kommunikation, Lernen und Beteiligung investiert, wird nicht nur produktiver, sondern auch zukunftsfähiger.
Denn am Ende geht es nicht darum, KI perfekt zu beherrschen –
sondern darum, sie gemeinsam verantwortungsvoll zu gestalten.